Endlich habe ich sie beisammen, meine Urlaubsbilder. Und am liebsten möchte ich sie ohne allzuviel Text dazwischen einfach nur zeigen. Allerdings könnte man über Siebenbürgen seitenlang Interessantes schreiben... Wer sich für die Geschichte des Landes interessiert, kann bei Wikipedia nachlesen.
Bevor ich meinen Mann kennenlernte, wusste ich nicht viel über dieses Land, das heute zu Rumänien gehört. Allenfalls von den Siebenbürger Sachsen hatte ich schon gehört, die Mesnerin in meiner Heimatgemeinde war z.B. eine solche.
Durch die Bekanntschaft mit meinem späteren Mann erfuhr ich, dass es in Siebenbürgen eine große ungarische Minderheit gibt (ca. 20%). Im Széklerland im Südosten stellen sie den größten Teil der Bevölkerung: etwa drei Viertel. Hier lebt meine Schwiegerfamilie, und hier verbringen wir auch immer wieder unsere Urlaubswochen.
Aber nun sollt ihr einige Eindrücke von der Gegend bekommen.
Sie ist geprägt von Feldern, Wiesen und ausgedehnten Waldgebieten. Die flachen, fruchtbaren Ebenen werden unterteilt durch Höhenzüge, die allmählich in die Karpatenberge übergehen.
Das Hargita - Gebirge steigt bis auf etwa 2000 Meter. Von hier oben hat man einen weiten Blick ins Land.
Es gibt viel sich selbst überlassene Natur. Bäche und Flüsse sind selten begradigt und mäandern auf weite Strecken frei durch die Landschaft.
Die meisten Ortschaften sind als kilometerlange Straßendörfer angelegt. Die Häuser sind alle ähnlich und stehen mit der Schmalseite zur Straße hin. Hinter den Häusern erstrecken sich die Gärten und Felder.
In vielen ungarischen Dörfern des Széklerlandes findet man solche schön geschnitzten und bemalten Hoftore. Obendrauf sitzt meist noch ein Taubenschlag.
Wer sich kein großes Tor leisten kann, nimmt eben mit einem ganz kleinen vorlieb.
Dieses hingegen schmückt im XXL - Format eine Landstraße:
Auf dem obigen Foto kann man auch die Weite der Landschaft erahnen, die mich immer wieder fasziniert.
In mancher Hinsicht ist eine Reise nach Rumänien auch eine "Zeitreise" in die Vergangenheit: mein Vater ist als Kind so auf dem Heuwagen mitgefahren. Hier ist das noch ganz selbstverständlich, auch wenn man hier und da einen (alten, gebraucht gekauften) Traktor sehen kann.
Dieser Bauer hat immerhin Pferde - bei den meisten sind Kühe vorgespannt.
Ein kleines Dorf im Abendlicht:
Mit dieser Frau habe ich mich eine Weile unterhalten. Sie erzählte, dass die meisten jungen Leute nur noch im Sommer ins Dorf kommen, ihre Arbeit haben sie in der Stadt.
Dieses Dörfchen ist aber auch besonders abgelegen - nicht entfernungsmäßig, aber es liegt an einer ungeteerten, äußerst holprigen Straße abseits der großen Landstraße, und ich habe für die fünfzehn Kilometer von unserem Urlaubsort bis dorthin gut eine Stunde gebraucht!
Überall an den Straßen entlang sieht man eine Fülle von Blumen.
Ortschaften, in denen überwiegend Ungarn leben (hier sind es oft fast 100%), haben ein zweisprachiges Ortsschild: erst der rumänische Name, dann der ungarische. In diesem Falle bedeutet letzterer wörtlich "Oberglücksdorf"!
Aber es gibt auch schöne alte Städte. Eine davon ist Schässburg (ung.: Segesvár, rum.: Sighisoara), eine Stadt, die von ihrer siebenbürgendeutschen Vergangenheit geprägt ist.
Der Uhrturm, das Wahrzeichen der Stadt:
Blick von oben:
Farbenfrohe Häuser - und auch hier überall Blumen.
Der "Schülertunnel" wurde im vorletzten Jahrhundert zwischen Stadtmitte und Bergschule errichtet, damit die Schüler trockenen Fußes zur Schule hinaufsteigen konnten!
Lustiges Detail: Zwei Hirsche - ein Kopf!
Und schließlich sollte man nicht versäumen, den schönen alten deutschen Friedhof von Schässburg zu besuchen. Hier bekommt man eine Ahnung, welche jahrhundertealte Tradition und Kultur durch den Wegzug der Siebenbürger Sachsen unwiederbringlich zu Ende gegangen ist. Allerdings muss ich dazusagen, dass es außer den wenigen in den Dörfern zurückgebliebenen Alten auch eine größere Anzahl junge, sich als "deutsch" identifizierende Menschen gibt - meist aus gemischten deutsch-ungarischen oder deutsch-rumänischen Familien -, die ganz bewusst hier leben und sich für dieses Land einsetzen. Im inzwischen überwiegend von Rumänen bewohnten Hermannstadt gibt es z.B. eine "Deutsche Partei", die vor ein paar Jahren die Kommunalwahl gewann und seither den Bürgermeister stellt und die so effektiv arbeitet, dass sie für eine zweite Amtsteit wiedergewählt wurde.
Nun also der Friedhof:
(Wo in Deutschland wird heute noch solches Deutsch geschrieben?)
In den ehemals sächsischen Dörfern kann man auch die alten Kirchenburgen bewundern, in denen bei feindlichen Überfällen das ganze Dorf Schutz suchte.
An vielen Orten findet man verfallene Ferienhäuser und Hotels, Zeugen vergangener Zeiten. Diese Gegend war schon im 19. Jh. beliebt als Sommerfrische und für Kuren. Es gibt schwefel- und eisenhaltige Heilquellen, gute saubere Luft und überall ein wunderbares Mineralwasser.
Gut zwanzig Jahre nach dem Ende des Kommunismus ist man nun bemüht, dieses schöne Land für den Fremdenverkehr attraktiver zu machen. Mit Unterstützung der EU werden Asphaltstraßen in die abgelegenen Bergregionen gebaut, neue Unterkünfte eingerichtet, Skilifte angelegt, alte Badeanlagen wieder instandgesetzt. Das alles geht recht langsam vor sich, aber ich habe den Eindruck, dass man auch behutsam vorgehen möchte, was die Einbindung in die Landschaft angeht. Bis jetzt habe ich jedenfalls keine größeren Bausünden zu Gesicht bekommen. Möge es so bleiben!
Eine Schutzhütte für Bergwanderer und ein neuer Waldseilgarten.
Soweit dieser kleine Einblick - denn mehr kann es nicht sein - in ein wunderschönes, hierzulande wenig bekanntes Land mit einer bewegten Geschichte und einem spannenden Nebeneinander verschiedener Volksgruppen und Kulturen (das Miteinander ist oft nicht ganz einfach, da durch die Vergangenheit belastet). Es gibt noch viele ungelöste Probleme (z.B. die prekäre Lage der zahlreichen Roma), aber die Menschen schauen mit Zuversicht in die Zukunft und hoffen, dass es weiter bergauf geht mit ihrem Land, das sie lieben und in dem sie zuhause sind - ob sie nun ungarisch, rumänisch oder deutsch sprechen.